Haushaltsnahe Dienstleistungen: Bezahlung nach Tarif und rechtlich abgesichert

Rheine, Hannover, Nürnberg, 15. Juli 2021 – In einem Expertentalk am 7. Juli 2021 haben MdB Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD in der Bundestagsfraktion, Dr. Mareike Bröcheler, Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e. V. (dgh), und Annette Heuser, Vizepräsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrats (DHWiR), zum Thema "Haushaltsnahe Dienstleistungen – Lösungen zur Alltagssicherung von Senior*innen" gesprochen. Der Expertentalk fand im Rahmen der "Altenpflege 2021" statt, der Leitmesse für Verantwortliche der stationären und ambulanten Altenhilfe, die in diesem Jahr virtuell ausgerichtet wurde.

Zentrales Thema des Expertentalks: das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zum gesetzlichen Mindestlohn für aus dem Ausland entsandte Betreuungskräfte, die in den Haushalten pflegebedürftiger Menschen arbeiten und leben (BAG, 24.06.2021 - 5 AZR 505/20). Hiernach besteht für die Betreuungskräfte der Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn, ebenso die Verpflichtung zur Einhaltung arbeitsrechtlicher Regelungen.

Das Urteil hat eine für alle haushaltsnahen Dienstleistungen wichtige Signalfunktion – darin sind sich die Teilnehmerinnen des Expertentalks einig. Haushaltsnahe Dienstleistungen müssen rechtlich abgesichert erbracht werden und die Dienstleisterinnen und Dienstleister über die Sozialversicherungen abgesichert arbeiten, so die Forderungen der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft e. V. Die Fachgesellschaft setzt sich gezielt dafür ein, Forschungsvorhaben anzuregen oder auch mitzugestalten und über ihre Mitglieder hauswirtschaftliche und haushaltswissenschaftliche Expertise in die Weiterentwicklungsprozesse der Altenpflege einzubringen.

"Für uns als SPD ist es überfällig, einen rechtlichen Rahmen auch für die Beschäftigung in privaten Haushalten zu schaffen. Wir brauchen einen Ordnungsrahmen für Dienstleistungsagenturen, die ausländische Betreuungskräfte vermitteln: mit klarer Vertragsgestaltung, verbindlichen Arbeitszeitregelungen und Qualitätsstandards. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erhalten dadurch die Sicherheit, dass für die Beschäftigten auch tatsächlich die notwendigen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden", so Heike Baehrens, MdB, zum Urteil des Bundesarbeitsgerichtes. Sie ergänzt, dass sich die SPD auch für die Förderung legaler haushaltsnaher Dienstleistungen durch Zuschüsse einsetzt.

Auch der Deutsche Hauswirtschaftsrat fordert in seinen Wahlprüfsteinen den Ausbau haushaltsnaher Dienstleistungen in der ambulanten Pflege, Regelungen für eine angemessene Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die tarifliche Bezahlung der Hauswirtschaft als Grundlage für die Anerkennung der Dienste. "Die Einführung von Zuschüssen für haushaltsnahe Dienstleistungen", so Annette Heuser (DHWiR), "ist ein für den Deutschen Hauswirtschaftsrat wichtiges Ziel, an dem systematisch in einer eigenen Sektion gearbeitet wird".

Denn: Menschen benötigen bereits lange vor einer Pflegebedürftigkeit Unterstützung im Haushalt, die sie sich auf dem freien Markt oftmals nicht leisten können. Studienergebnisse und Modellprojekte des "Kompetenzzentrums Professionalisierung und Qualitätssicherung haushaltsnaher Dienstleistungen (PQHD)", zeigen hier: Die Lösung für die Schieflage zwischen der Höhe tatsächlicher Kosten einer professionellen Dienstleistung und den auf dem Markt zu erzielenden Preisen liegt in der bundesweiten Einführung von Gutscheinen für haushaltsnahe Dienstleistungen.In Belgien wird ein "Gutscheinmodell" bereits seit 2004 erfolgreich angewendet. Private Haushalte werden über ein Gutscheinverfahren bei den entstehenden Kosten entlastet. Obwohl dieses Modell auch in Deutschland bereits erprobt wurde, und ein Zuschussmodell im Koalitionsvertrag der auslaufenden Legislaturperiode verankert ist, ist es nicht gelungen, das Thema politisch voranzutreiben. "Die notwendigen Grundlagen für politische Entscheidungen liegen auf dem Tisch. Für die Umsetzung ist jedoch ein starker politischer Wille notwendig, der von mehreren Ministerien mitzutragen ist", so Dr. Mareike Bröcheler, Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e. V., im Expertentalk, der von Martina Feulner moderiert wurde.

Die Notwendigkeit, sich jetzt und nachdrücklich für konkrete Weiterentwicklungsschritte einzusetzen, steht für alle Teilnehmerinnen des Expertentalks fest.

Kontakt:
Martina Schäfer
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(Collage: Martina Feulner, dgh/H wie Hauswirtschaft)